Wir starrten alarmiert auf die Monitore und schüttelten nur noch den Kopf. Die Datenauswertung der verschiedenen IT Systeme war diesmal extrem komplex. Und die Zeit drängte. Wie sollten wir unsere Analyse termingerecht abliefern und dennoch belastbare Informationen vorlegen? Tolga, in jeder Situation die Coolness persönlich, sagte mitten in der angespannten Diskussion seelenruhig: „Dann werde ich eben mal einen Bot programmieren. Und gut ist.“ Das tat er dann auch. So ein Bot ist schon etwas Feines. Ein kleines Programm, das selbstständig aktiv wird und definierte Aufgaben ausführt, ohne dass wir Menschen steuernd eingreifen müssen. Klingt ein bisschen nach Goethes Zauberlehrling? Von mir aus – uns hat „Tolgas Bot“ jedenfalls gerettet. Auf den Punkt genau hatten wir alle Daten so aufbereitet, dass wir dem Management eine Analyse vorlegen konnten, die – Hand aufs Herz – wohl niemand ernsthaft in dieser Qualität erwartet hatte. So läuft Digitalisierung!
Ich möchte in diesem Beitrag aber nicht von der schönen neuen Digitalwelt eines großen Konzerns wie BMW schwärmen, sondern euch Lust und Mut machen, neue technologische Wege selbst zu gehen, im eigenen Unternehmen, am eigenen Arbeitsplatz. Ich selbst erlebe in meinem Umfeld überall diesen Willen zu gestalten, etwas zu bewirken. Wie bei Tolga. Genau das brauchen wir heute. Diese Bereitschaft zur Initiative beruht auf Flexibilität, Kreativität und Veränderungsdrang. Wenn sie auf die modernen digitalen Möglichkeiten trifft, lässt sich eine beträchtliche Effizienzsteigerung erzielen. Ich bin fest überzeugt: Die Vorteile der Digitalisierung lassen sich von jedem nutzen. Es kommt dabei nicht unbedingt auf technisches Können an, sondern auf die persönliche Bereitschaft, diesen Trend aktiv mitzutragen. Ist eine Grundaufgeschlossenheit da, ist alles machbar. Lass es uns einfach ausprobieren! Ich verrate dir, wie das geht.
Schluss mit zeitraubendem Old-School-Datenmanagement
Mein liebstes Kind ist die professionelle Datenverarbeitung. Und jetzt sage ich mal ganz frech: Das kannst du auch. Vielleicht nicht auf dem höchsten Niveau des Machbaren, aber zumindest so, dass du viele Prozesse in deinem Unternehmen schneller und transparenter gestalten kannst.
In meiner täglichen Arbeit bei BMW habe ich mit meinem Team eine nie abreißende Datenflut zu bändigen. Daten müssen erfasst, transformiert, visualisiert und kommuniziert werden. Dafür brauchen wir möglichst die modernsten und effizientesten digitalen Lösungen. Wenn ich aber einen Blick links und rechts in mein Netzwerk oder in andere Unternehmen werfe, sehe ich eine Vorgehensweise, die ihr alle kennt: Die meisten von uns bauen sich für solche Aufgaben seit Urzeiten eine Excel-Lösung. Und zwar jeder für sich. Und ich nehme mich da nicht aus. Da läuft nichts synchron. Das Ganze funktioniert nur bei einer bestimmten Problemstellung. Auch ist die Pflege aufwendig. Und wenn die betreffende Person mal im Urlaub ist, weiß niemand weiter. Vor allem: Diese Old-School-Lösung frisst jede Menge Zeit. Ich behaupte, dass es anders viel besser geht. Wir können uns heute mit einfach handhabbaren Tools nachhaltige digitale Lösungen auf den Bildschirm holen, die simple Arbeitsschritte automatisieren, universell einsetzbar sind und Mitarbeiter entlasten. Du schaffst damit eine Lösung für alle statt einer Lösung für dich allein.
Es ist Montag und ich gehe meine Mails durch. Auweia, da ist eine Mail von „ganz oben“. Eine Mail, die uns darüber in Kenntnis setzt, welche Applikationen in der IT hohe Sicherheitslücken enthalten. Eine meiner Cloud- Applikationen steht ganz vorn auf der Liste und ich werde aufgefordert, diese Sicherheitslücke so schnell wie möglich zu beseitigen. Am besten bis gestern. Wie konnte das sein? Ich habe doch dafür einen verlässlichen externen Partner? Sofort nehme ich mit ihm Kontakt auf. Fein, das Sicherheitsrisiko wird in weniger als zwei Tage gefixt. Aber auf diese Liste will ich nicht noch mal. Wie also kann ich mich als Verantwortliche in Zukunft absichern? Indem ich einen automatisierten Monitoring Prozess einführe und rechtzeitig vor solchen Risiken gewarnt werde. So etwas ist heute einfacher als jemals zuvor. Ich hole mir die Daten, nutze bei der Analyse KI, und kann somit viel schneller vergleichen und entsprechend reagieren – lange bevor das Kind ins Wasser zu fallen droht.
KI erleichtert Unternehmensprozesse
Mr. Bot habe ich dir schon vorgestellt. Solche kleinen digitalen Helferlein gehören inzwischen fast schon zum unternehmerischen Alltag. Aber kannst du dich noch an Karl Klammer erinnern? Oder bist du zu jung für solche nostalgischen Anflüge ;o) Jedenfalls war dieser digitale Büroklammer-Assistent von Microsoft Office vor Jahren eine richtige Nervensäge – und doch auch so etwas wie ein Ur-Bot. Seitdem ist viel passiert. Bots als digitale Werkzeuge erobern die Büros und sind inzwischen ähnlich leicht zu handhaben wie ein Akkuschrauber, vor dem sich ja auch niemand fürchten muss.
Bots haben es mir wirklich angetan. Was da mein Kollege Tolga in dieser kritischen Stunde entwickelt hat, war jedoch eher ein weiteres Computerprogramm, das bestimmte Aufgaben automatisiert und selbstständig ausführt. Fast schon zu komplex für einen Bot, wie ich ihn mir vorstelle. Ich würde es nämlich gern ein bisschen einfacher haben. Dafür gibt es zum Beispiel das Open-Source Tool KNIME, das ich im Unternehmen und auch privat nutze. Dieses Tool wurde für die interaktive Datenanalyse geschrieben und wird gern als „Konstanz Information Miner“ bezeichnet – ein typisches Beispiel für eine Anwendung des Labels „Künstliche Intelligenz“. KNIME ist in der Lage, parallel aus mehreren Programmen Daten herauszuziehen, sie zu kombinieren, zu synchronisieren oder von den Ergebnissen diverse Chartanzeigen zu erstellen.
Das soll hier aber kein technologischer Vortrag werden. Stell dir einfach vor, du bist mit einem Wust von Tabellen in unterschiedlichen Programmen konfrontiert, dass dir der Kopf raucht. Mit Hilfe dieses Analysetools suchst du aus ihnen blitzschnell genau die Informationen heraus, die du brauchst, und setzt sie miteinander in Beziehung. So werden ähnlich ablaufende und sich wiederholende Prozesse deutlich erleichtert. Es ist so einfach und zeitsparend. Und jeder kann es anwenden.
Handarbeit ist von gestern
Excel bedeutet nun mal viel Handarbeit. Doch Handarbeit ist teuer, sie kostet viel Zeit. Und niemand rechnet sie dir hoch an. Wertschätzung für Handarbeit erhält man eher, wenn man eine Heiligenfigur in Oberammergau schnitzt oder den Parsifal singt, nicht aber bei der regelmäßigen Datenaufbereitung. Eben habe ich erwähnt, dass ich täglich mit meinem Team Daten erfassen, transformieren, visualisieren und kommunizieren muss. Früher haben wir dafür mit Hilfe von Excel zwei bis drei Stunden gebraucht – mit KNIME dauert das jetzt einen einzigen Knopfdruck. Das lässt sich beliebig oft wiederholen. Natürlich hat das etwas Zeit gekostet, um die Workflows zu erstellen. Doch das neue Tool ist ganz einfach nachvollziehbar. Jeder kann es verstehen und nutzen.
Wer auch nur einmal verschiedene Ist-Kosten Listen mit Plandaten abgeglichen hat, weiß, wovon ich spreche: Es dauert! Da sitzt man gern mal über Nacht dran. Mit Visual Basic, Excel oder händisch. Da gehen so richtig Stunden dabei drauf, Listen völlig verschiedner Herkunft zusammenzufassen und aus drei Dateien eine zu machen. Wir schaffen das jetzt mit unseren modernen Tools in etwa fünf Sekunden. Wer’s nicht glaubt, sollte es beim nächsten Mal ausprobieren.
Von alten und neuen Besen
Tolga ist Praktikant, ein Berufseinsteiger, wie man so schön sagt. Dass er aus der Situation heraus einen Bot entwickeln kann, zeigt seine besonderen Fähigkeiten. Wer sich schon in jungen Jahren mit KI beschäftigt und sich eine aufgeschlossene Haltung gegenüber dem digitalen Fortschritt bewahrt, muss nach Anwendung aller Datenregeln keine Angst vor dem außer Kontrolle geratenen Besen des Zauberlehrlings haben. Man hat ihn ja schließlich selbst konstruiert und versteht es, ihn zu beherrschen. Anders auf den höheren Entscheiderebenen. Um bei der Besen-Metapher zu bleiben: Hier ist noch immer der gute alte Reisigbesen (Excel & Co) verbreiteter als der moderne Staubsauger. Sicher, Manager haben einen vollen Zeitplan. Die gängigen Microsoft-Programme beherrschen sie. Und wenn sie spezielle Informationen brauchen, deren Zusammenstellung etwas verzwickt ist, gibt es sicher Assistenten oder im Zweifel Azubis, die sich mit zeitgemäßer Technologie auskennen, weil sie damit aufgewachsen sind. Aber was, wenn die Youngster einmal nicht zur Stelle sind oder den Job wechseln?
Die Leader müssen vorangehen
Hier meine These: Digitalisierung und ökonomischer Fortschritt werden nur gelingen, wenn wir alle mitnehmen – wenn also auch das Management neue Wege zu gehen bereit ist. Damit meine ich nicht die theoretische Bereitschaft dazu. Niemand im Management verschließt sich den neuen technologischen Trends. Es geht mir vielmehr darum, zu den beherzten Sprung ins kalte Wasser zu animieren, den der Weg in die digitale Zukunft von den meisten von uns abverlangt. Dafür braucht es das richtige Umfeld, Förderungen, Initiativen und Leute, die einfach mal machen – es braucht DIE Brückenbauer. An den Ergebnissen lässt sich schnell erkennen, wie sinnvoll und zielführend es ist, die digitale Revolution auch in der Nussschale des eigenen Schreibtischs zu starten.