Zusammenarbeiten, Work out loud Blogparade

Erinnerung an das Working Out Loud Camp 2017 in Stuttgart mit 120 Teilnehmern aus 40 Unternehmen.

Vom 16. – 18. September 2019 findet der nächste IOM Summit statt. Diesmal mit dem Thema „Erfahrungsaustausch von Projektmanagern und Experten zu den Erfolgsfaktoren für die Etablierung des Digital Workplace und der digitalen Transformation der Organisation“. Veranstalter Bjoern Negelmann hat im Vorfeld eine Blogparade mit einem sehr inspirierendem Thema ausgerufen. Unter anderem, wie sich das digitale Zusammenarbeiten in Unternehmen „endlich“ voranbringen lässt. Mit diesem Thema traf er vollumfänglich auf mein Interesse, konnte ich doch dazu – mit einer geeigneten Methodik – bei meinem Arbeitgeber BMW Group nun schon über einige Jahre hinweg sehr gute Erfahrungen sammeln.

Wie kam es dazu, dass ich mich als einer der vielen Projektleiter bei BMW mit diesem Thema zu befassen begann? Ich kam vor fünf Jahren nach einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt zu BMW. Was mich damals sehr überraschte, war die Arbeitskultur in meinem neuen Unternehmen: Starre hierarchische Strukturen prägten den Alltag und förderten ein ausgeprägtes Silodenken der Mitarbeiter.

Die Digitalisierung braucht ein neues Mindset

Doch welch ein Glück: Mit Jasper und Andreas fand ich zwei Kollegen, die sich wie ich ein neues Zusammenarbeitsmodell mit mehr Vertrauen und Verantwortung und weniger Kontrolle und Argwohn wünschten. Wir waren uns sofort auch darüber einig, dass digitales Zusammenarbeiten nur mit einer Änderung des Mitarbeiter-Mindsets zu erreichen ist. Das bis dahin gängige Denken innerhalb definierter Siloschnittstellen von Arbeitsgruppen einer Abteilung oder eines Bereiches konnte für uns nicht die Zukunft sein. Es ist zudem völlig konträr zur digitalen Zusammenarbeit.

Uns dreien war klar, dass:

  • Wissensaufbau nur über Netzwerke funktioniert,
  • Netzwerke nur wachsen können, wenn wir unsere Arbeit sichtbar machen,
  • ein offener Umgang von Wissen Mitarbeiter motiviert und inspiriert und, dass
  • eine Veränderung des Mindsets sowohl Mitarbeitern als auch dem Unternehmen weiterhilft.

Wie Working Out Loud funktioniert

Wir wussten aber auch, dass unsere Vorstellungen einer digitalen Zusammenarbeit ohne geeignete und bewährte Methodik nicht umsetzbar sein würde. Also machten wir uns im Herbst 2015 auf die Suche und entdeckten Working Out Loud. Eine Idee, die gut fünf Jahre zuvor von Bryce Williams aufgegriffen und von John Stepper methodisch weiterentwickelt wurde. Das Prinzip ist: Weg von der Einzelkämpfer-Mentalität hin zu vernetztem Denken und Arbeiten. Wir lassen andere teilhaben und entwickeln gemeinsam neue Ideen und hochwertigere Ergebnisse.

Durch das Netzwerken und das Teilen vorhandener Informationen entsteht neues Wissen. Damit wird eine exponentielle Entwicklung nach dem Ping-Pong-Prinzip in Gang gesetzt: Jeder neue Arbeitsschritt hebt die folgende Entwicklungsstufe vom Start weg auf eine neue Ebene. Wissen sollte nicht mehr als Machtmittel missbraucht, sondern als verbindendes Element genutzt werden.

Für einen WOL-Circle finden sich drei bis fünf Teilnehmer über zwölf Wochen zusammen. Die Gruppe sollte sich fach- und funktionsübergreifend zusammensetzen – je diverser, umso besser.

Am Anfang steht ein Ziel, das dem Circle-Mitglied am Herzen liegt. Das kann ein privates Vorhaben (z.B. die erste Teilnahme an einem Marathon)  ebenso sein wie ein berufliches Ziel (sich darin zu verbessern, Inhalte visuell zu präsentieren) Wichtig ist nur, dass man intrinsisch motiviert ist, also kein rein vernunftgetriebenes Ziel verfolgt.

Die meisten wählen sich anfangs ein persönliches Ziel. Trotzdem folgen auch daraus häufig Veränderungen im beruflichen Umfeld. Denn die Art, wie man in den zwölf Wochen im WOL-Circle kooperiert und sich austauscht, verändert die Teilnehmer, ihre Art zusammenzuarbeiten und sich zu vernetzen: großzügiges Geben in lebendigen Beziehungen statt oberflächlichem Networking. Menschen wachsen über sich hinaus und entwickeln Fähigkeiten, die sie nie für möglich gehalten hätten. Menschen lernen, über ihre Arbeit zu sprechen, andere auf sich aufmerksam zu machen und Sichtbarkeit für sich und andere zu schaffen.

Working Out Loud Circles finden außerhalb der Projekte statt und dienen der bereichsübergreifenden Vernetzung.

Diskutiert und abgehängt

Schon damals war erkennbar, dass unser Unternehmen Gefahr läuft, den Anschluss an die internationale Konkurrenz zu verpassen: USA und China brachten die E-Mobilität auf die Straße, während wir noch über umweltgerechte Lösungen debattierten. Batterieantriebe und Brennstoffzellen mit Wasserstoff aus regenerativer Gewinnung waren bei den deutschen Autobauern zwar schon seit Jahren ein Thema. Die Umsetzung überließen wir allerdings China, USA und Japan. Und beim Thema autonomes Fahren verhält es sich nicht viel anders. Gesteigertes Umweltbewusstsein und die Marktforderung nach besserem und sichererem Fahrkomfort verlangen nun auch bei uns rasches Umdenken.

Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen – in reibungsloser digitaler Zusammenarbeit und mit radikal neuen Konzepten für die Zusammenarbeit. Dafür braucht es ein neues Denkverhalten von Mitarbeitern wie auch von Vorgesetzten.
Working Out Loud liefert dafür mit seiner Methodik eine hervorragende Voraussetzung für ein neues Mindset.

Die Entwicklungskultur für E-Autos in China und für autonomes Fahren in den USA zeigen: Disruption in der Automobilindustrie entwickelt sich vom Ausnahmezustand zum Normalfall. Das Gleiche muss für die Ablösung antiquierter Siloprinzipien und Führungsmodelle aus dem industriellen Zeitalter gelten. Hier sind Graswurzelbewegungen eine der geeigneten Möglichkeiten, um klassische Organisationsformen zunächst zu ergänzen und Impulse für die Weiterentwicklung zu geben.

Agile Prinzipien im starren Korsett

Auf Top-Down können wir nicht mehr warten, überholten uns doch die Wettbewerber mit ihren progressiven Innovationen und einer viel unkomplizierteren Vorgehensweise. Nämlich mit einer Form der Zusammenarbeit, die auf Vernetzung und Wissensteilung setzt. Statt auf eine Projektabwicklung, das zwar agilen Prinzipien folgen soll, aber noch mit klassisch strukturierten Verantwortlichkeiten und Führungsverständnis kämpft.

Hier zeigt Working Out Loud Lösungswege auf. Das hat unser Unternehmen, die BMW Group, erkannt, und WOL als offizielle Methode für die digitale Transformation etabliert.

Noch ist offen, was das für die Arbeitskultur und für die Arbeitsorganisation bei uns bedeutet. Mit der Überführung unserer Graswurzelbewegung in die offizielle Unternehmensorganisation betreten wir absolutes Neuland. Das betrifft sowohl die Mitarbeiter wie auch das Management und nicht zuletzt auch unsere Bewegung selbst.

Fazit:

In vielen Unternehmen und Projekten ist es heute noch Standard, Kraft der eigenen Position im Top-Down-Prinzip Leistung einzufordern. Langfristiger Erfolg lässt sich damit nicht mehr erreichen. Vielmehr sollen wir auf Nachhaltigkeit setzen. Das erreichen wir, indem wir unseren Fokus auf proaktives und gemeinsam zielgerichtetes Handeln legen.

Working Out Loud hilft dabei. Die Methodik findet ja vordergründig nur auf der persönlichen Ebene statt. Die Veränderungen, die damit angestoßen werden, haben große Innovationskraft. Sie fördert zudem von innen nach außen die digitale Zusammenarbeit und unterstützt letztendlich nachhaltig und konsequent die Unternehmenszielsetzung.

Ilona Libal ist Diplom-Informatikerin und IT-Projektleiterin bei einem Automobilkonzern. Wie Arbeit aussehen kann, die begeistert, Freude macht, vernetzt – dazu erzählt sie in diesem Blog Geschichten von tollen Menschen und Veränderungen. Sie möchte Wissenswertes verfügbar machen und Schwung in den Arbeitsalltag ihrer Leser bringen.